Taekwondo hat gewaltiges Potenzial, mit einer kleinen Unaufmerksamkeit kann man sich und andere verletzen. Der Lehrer ist für den geordneten Ablauf der Übungsstunde verantwortlich. Er kann aber nicht für lauter Einzelpersonen sorgen, die sich nicht an die Regeln halten. Deshalb müssen den Anweisungen des Lehrers unbedingt Folge geleistet werden, dazu gehört auch, dass man dem Lehrer seine volle Aufmerksamkeit schenkt.
Verhaltens- und Höflichkeitsregeln
Je nach Stilrichtung, Schule oder Großmeister gibt es unterschiedlich strikte, strenge oder verbindliche Ansprüche und Anforderungen an das Benehmen oder das Verhalten der Taekwondoins während einer Trainingseinheit. Je traditioneller Taekwondo ausgeübt wird, desto strenger sind diese Regeln gefasst und desto genauer wird auch auf ihre Einhaltung geachtet. Einige Regeln gelten jedoch grundsätzlich für das Taekwondo und werden nachfolgend aufgelistet:
- Zum Training erscheint man pünktlich und in sauberer Sportkleidung (Dobok). Hände und Füße sind gewaschen, Finger- und Fußnägel sind kurz gehalten, um Verletzungen vorzubeugen.
- Während einer Trainingseinheit darf nicht getrunken oder gegessen werden. Kaugummi kauen oder eine Rauchpause sind ebenfalls nicht gestattet. Die gesamte Aufmerksamkeit soll dem Lehrer beziehungsweise dem Übungspartner gewidmet sein.
- Während einer Trainingseinheit sollte der Trainingsbereich möglichst nicht verlassen werden. Auf die Toilette sollte man vor Beginn des Trainings gehen. In dringenden Fällen meldet man sich beim Lehrer ab, doch sollte bedacht werden, dass jede Unterbrechung den Unterricht insgesamt stört, den eigenen Körper wieder auskühlen lässt und somit Verletzungsgefahr birgt. Außerdem können so Dreck, Steinchen oder Splitter aus dem Gangbereich auf die Trainingsfläche gebracht werden, was ebenfalls zu Problemen führen kann, da viele barfuß trainieren.
- Bevor das Training beginnt, stellen sich die Schüler vor dem Meister in einer fest vorgegebenen Reihenfolge gemäß ihrer Graduierung auf. Der höchste Grad steht dabei immer vorne rechts.
- Das Training beginnt, wenn der Lehrer den Befehl zur Aufstellung gibt. Üblicherweise wird der Trainer vom ersten Schüler (vorne rechts) auf koreanisch gegrüßt, dann verbeugt sich die Gruppe zum Lehrer und der Lehrer zur Gruppe hin. Einige Schulen legen Wert darauf, dass beim Begrüßungszeremoniell zusätzlich die Fahne Koreas gegrüßt wird.
- Beim Training darf nicht geschwatzt oder laut gelacht werden. Die Kommandos des Lehrers müssen jederzeit verstanden werden können und müssen auch befolgt werden.
- Nur der Lehrer oder hohe Graduierungen dürfen anderen Schülern Techniken beibringen oder die Schüler korrigieren. Damit wird sichergestellt, dass die Techniken richtig gelernt werden und sich keine Unsauberkeiten einschleichen. Dies gilt besonders für den Formenlauf, da sich sonst schnell falsche Bewegungsabläufe verbreiten können.
- Angriffe gegeneinander, Bruchtests, Übungen mit Waffen (z. B. bei Selbstverteidigung) oder andere schwierige Übungen dürfen nur nach ausdrücklicher Genehmigung des Lehrers unter dessen Beobachtung durchgeführt werden. Ansonsten ist die Verletzungsgefahr zu groß.
- Befiehlt der Lehrer Übungsabbruch (Kommando Geuman oder Baro oder Gallyeo), müssen alle Übungen sofort beendet werden.
Zeremoniell und Respekt
Respekt und Formwahrung ist gerade in Asien selbstverständlicher Inhalt des täglichen Lebens. So auch beim Taekwondo.
Ein hervorstechendes Merkmal dieses Zeremoniells ist das Verneigen: Mit der Verneigung wird nicht nur Respekt vor dem Lehrer und dem Übungspartner ausgedrückt, sie dient vor allem der Sammlung und Konzentration. Sie sollte bewusst geschehen, denn sie zeigt an, dass man sich auf die bevorstehende Aufgabe konzentriert. Konzentration ist ein wesentliches Element im Taekwondo, sie ermöglicht komplexe Bewegungsabläufe und stellt sicher, dass der Partner nicht versehentlich verletzt wird.
Mit dem Gruß bestätigt man, dass man die Alltagssorgen abstreift, sich auf die bevorstehende Übung konzentriert. Es signalisiert dem Partner, dass man ihn als Person respektiert und darauf achten wird, fair und ohne Gefahr mit ihm zu üben.
„Der Edle verneigt sich, aber beugt sich nicht.“ (Konfuzius)
Man verneigt sich in der Regel
- beim Betreten und Verlassen des Übungsraums: Damit übertritt man ganz bewusst auch geistig die Schwelle vom Alltag zum Training und umgekehrt. Wenn Landesfahnen aufgehängt sind (z. B. bei Prüfungen die koreanische neben der nationalen) begrüßt man auch die Fahnen, um dem Ursprungs- und Gastgeberland Respekt zu zeigen.
- zu Beginn und Ende der Übungsstunde: Schüler und Lehrer bekunden gegenseitigen Respekt und versichern sich ihrer Konzentration auf die Übungen.
- vor und nach Partnerübungen: Damit signalisieren sich die Partner, dass sie alle Aufmerksamkeit in die Ausübung der Technik legen, so dass der Partner nicht gefährdet wird.
- vor und nach einem Bruchtest: Taekwondo ist zur Verteidigung gedacht und nicht zum Zerstören. Da beim Bruchtest etwas zerstört werden soll (zum Beispiel ein Holzbrett), fragt der Übende mit der Verneigung gegenüber dem Lehrer oder Prüfer um Erlaubnis nach, ausnahmsweise etwas zerstören zu dürfen.
Die Verneigung wird meist mit dem Kommando Cha-ryeot (Achtung!) vorbereitet. Die Füße sind nebeneinander im Moa Seogi, Fäuste am gestreckten Arm leicht neben dem Körper, Gegenüber ansehen. In einer erneuerten Fassung der Geste, die vom WTF abgesegnet wurde, werden die Händen auf die Hüfte gelegt und hängen nicht mehr seitlich am Körper. Es steht den Schulen aber frei zu wählen, welche Verbeugungstechnik sie von ihren Schülern erwarten. Mit dem Kommando Gyeong-nye (grüßen, verneigen) wird die Geste eingeleitet. Der Oberkörper beugt sich 45° vor, Arme mit den Fäusten werden leicht angewinkelt. Auch hier greift die neue Fassung, die Hände bleiben auf der Hüfte, während sich der Körper beugt. Eine Faust ist in diesem Fall nicht mehr angebracht.
Einschränkungen
- Die hohen Beintechniken des Taekwondo können langfristig bei falscher oder zu kurzer Aufwärmphase und bei falscher Ausführung zu Hüft- oder Muskelschäden (Zerrungen, Muskelfaserrisse und Vernarbung des Muskelgewebes) führen, da schnelle Dehnungen unter Anwendung von Schnellkraft ausgeführt werden. Grundsätzlich ist Taekwondo jedoch eine sehr gesunde Sportart, insbesondere für die Hüfte. Eventuelle körperliche Beschwerden sollten vor Trainingsbeginn unbedingt mit dem Trainer geklärt werden.
- Abhärten von Haut und Knochen durch entsprechende Maßnahmen (Schlagtraining usw.) können auf Dauer schaden, sind jedoch beim Taekwondo weniger üblich.
- So genannte Schnapptritte können zu Verschleißerscheinungen der Gelenke (Knie) und Arthrose führen, wenn sie im Training „voll durchgezogen“ werden, da sich die gesamte Kraft im Gelenk entlädt. Das gleiche gilt für gerade Schläge (Ellbogen). Man sollte deshalb darauf achten, Arm und Bein nicht mit ganzer Kraft ganz durchzustrecken, sondern beim Training leicht angewinkelt zu lassen.
- Manche Wettkampftechniken, die mit bloßem Fuß getreten werden, würden in einem Ernstfall mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Bruch des Fußgelenkes oder der Zehen führen, wenn sie nicht sinngemäß oder sogar falsch ausgeführt werden. Das gilt natürlich genau so für jede andere Kampfkunst.
- Ein Teil der Techniken ist im Selbstverteidigungsfall für den Anwender risikoreich, da diese Techniken nur aus der durch Regeln geschützten, aber eingeschränkten Wettkampfsituation ihren Nutzen ziehen. Ein auf sportlich-fairen Wettkampf trainierter Taekwondo-Sportler hat ein eingeschränktes Spektrum von erwarteten Angriffsbewegungen, -kombinationen und Verteidigungen eintrainiert (Engrambildung automatisierter komplexer Bewegungsmuster). Er ist gegenüber skrupellosen und kompromisslos davon abweichenden Angriffen eher hilflos, sofern er nicht ebenso derartige Erwartungs- und Bewegungsmuster ausbildet, was für ihn im Wettkampf wiederum eher hinderlich sein kann. Die trifft jedoch nicht beim traditionelle Taekwondo zu, da hier der Schwerpunkt nicht auf den Wettkampf sondern auf die Verinnerlichung der Kampfkunst gelegt wird.
- Im Ernstfall (Selbstverteidigung) sollte bei der Anwendung einer Beintechnik der erste Tritt sitzen und den Gegner kampfunfähig machen, denn Tritte sind, wenn sie nicht korrekt ausgeführt werden, durch den längeren Weg langsamer als Armtechniken und öffnen, wenn falsch ausgeführt, die eigene Deckung. Andererseits sind diese, falls gut trainiert, natürlich weitaus wirkungsvoller und effektiver (mehr kinetische Energie, längere Kampfdistanz, Überraschungseffekt). Geübte Taekwondo-Sportler können mit sehr schnellen und auch angetäuschten Kicks einen Gegner auch kampfunfähig machen, falls der erste Kick nicht die gewünschte Wirkung erzielte.
Ursprung und Bedeutung der Etikette
Die Ettikettte hat ihre Ursprünge in der feudalen Gesellschaftsordnung und der militärischen Tradition der Koreaner, die Krieger und Beamte im Dienste eines Fürsten waren und durch ihr eigenenes Verhalten ihren Herren repräsentierten.
Während die Krieger-Etikette durch Strenge, Disziplin und Gehorsam die Führung eines militärischen Verbandes ermöglichte und dessen Schlagkraft stärkte, dient die Dojang-Etikette der Entwicklung des einzelnen Übenden, um diesen zur Achtung, Respekt und Höflichkeit zu erziehen.
Während des Trainings dient die Etikette unter anderem der Schulung von Achtsamkeit und Rücksichtnahme. Sie dient außerdem dem Schutz des Partners und dem eigenen Schutz vor Verletzungen, weil im Taekwondo Techniken geübt werden, deren unachtsame Ausübung zu erheblichen Verletzungen führen könnten. Ebenso kann nur durch ein geregeltes und rücksichtsvolles Miteinander ein effektives Training absolviert werden kann.
Während die Etikette sich für den Anfänger nur als vordergründige Formalität darstellt – beispielsweise beim Gruss oder beim Eintreten zum Dojang – entwickelt sich beim fortgeschrittenen Schüler im Laufe der Zeit ein umfassendes Erkennen des wahren Inhalts der Etikette, wie z.B. Erziehung und Kultivierung des Geistes und Achtung vor alten Lehren und Traditionen.
Die Etikette verhilft zu einem Gespür dafür, was angemessen und richtig ist. Sie fördert die Zuwendung für scheinbare Nebensächlichkeiten und öffnet so eine innere Türe. Die Einhaltung der Regeln gehört zur charakterlichen Fortbildung, die schließlich als Bindeglied zwischen Dojang und Alltag wirkt: der Übende lebt Aufrichtigkeit und Entschlosenheit auch außerhalb des Trainings.
Die Etikette wirkt als Gruppenform, indem sie nicht nur Selbstdisziplin beim gemeinsamen Training fordert, sondern auch das notwendige Gefühl für Gemeinschaft und die gemeinsamen Ziele fördert.
Die Etikette ist auch das Aushängeschild einer Schule: So sollte beispielsweise der Dojang aufgeräumt und die Kleidung ordentlich sein. Gemeinsame Abzeichen stehen als Bekenntnis zu einer bestimmten Gemeinschaft / Organisation, zu gemeinsamen Werten, Zielen und Traditionen.
Etikette richtig verstanden und reguliert, befreit die von ihr geforderte Selbstdisziplin. Sie ist somit nicht als Beschänkung zu verstehen, sondern als ein Weg, den Geist umfassend zu öffnen.
Das falschen Verständnis von Etikette führt zu starren, inhaltslosen Formen und Regeln.